Freitag, 3. Juni 2016
Paradise City II
Der Stuhl-Wohlstand scheint bedroht durch einen Bürgerkrieg im Nachbarland der Dreibeinhocker, der zunächst nur vor den Grenzen der Stadt wütet, doch nach und nach in das Paradies hineinbricht. Die Dreibeinhocker suchen Asyl in Paradise City. Die Flüchtlinge werden aufgenommen, doch letztlich als billige Arbeitskräfte ausgebeutet. Wo alles endet? Die Sitzkissen, auf denen man sich so gemütlich eingerichtet hatte, werden zu Waffen: In Slow-Motion bekriegt jeder jeden in einer mörderischen Kissenschlacht – Hass, Verachtung, Tod.
Die Bezüge zu lokalen Ereignissen finden sich im gesamten Stück: Jena ist nicht nur im Titel „Paradise City“ gegenwärtig. So beschwert sich Mutter Jammertal beispielsweise über die vielen Dreibeinhocker-Flüchtlinge in der Stadt, die nun auch noch in einem Schullandheim untergebracht wurden.
Maik Pevestorff ist mit „Paradise City“ eine Karikatur der Gegenwart gelungen, ein Märchen ohne Happy End doch mit „Moral der Geschicht‘“. Für diese Moral bedient sich Pevestorff bei Heiner Müller und lässt seine Darsteller am Ende im Chor erklären: „Du bist ein Privilegierter - Dein Ekel - Ist ein Privileg - Beschirmt mit Mauer - Stacheldraht - Gefängnis - Du willst in deinen Adern wohnen - im Mark deiner Knochen --- Irgendwo werden Leiber zerbrochen - damit du wohnen kannst --- Du willst eine Maschine sein - Arme zu greifen - Beine zu gehen - kein Schmerz - kein Gedanke.“
Text: Jördis Bachmann, TLZ
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